Cerro Torre

Alpinism at its most symbolic place: Cerro Torre
Alpinism at its most symbolic place: Cerro Torre

Über den Jahreswechsel waren Falk Liebstein und ich an der Westwand des Cerro Torre in Patagonien unterwegs. Unser Ziel war die Ferrari-Route (auch via dei Ragni genannt). Um den Einstieg der Route zu erreichen, mussten wir von der Ostseite (Postkartenseite) über einen steilen Pass am Cerro Stanhard steigen um zur Westseite des Torre zu gelangen. Als wir den Einstieg der Route erreichten, waren wir bereits eine ganze Nacht und einen ganzen Tag unterwegs. Wir biwakierten auf dem letzten Felsriegel und stiegen im Morgengrauen weiter auf zum Col de la Esperanza (Sattel der Hoffnung).

Auf dem Weg zum Sattel hatten wir mit sturmartigem Wind zu kämpfen. Je näher wir dieser Engstelle kamen, umso stärker wurde er. Das Gelände, in dem wir uns befanden, war nicht schwierig, aber der Wind machte uns zu schaffen. Als wir weiter stiegen, erreichten wir eine abweisende Eisstruktur die „Helm“ genannt wird. Wir wussten, dass hier die 1. Schlüsselseillänge auf uns warten würde. Die nächsten 40 Meter waren sehr steil und das Eis war mit meterdickem Raureif bedeckt – viel zu locker, um mit Eisgeräten halt zu finden. Doch wir hatten Glück und fanden den Einstieg in einen Eistunnel der im Inneren der riesigen Eisstruktur nach oben führte.

Eistunnel am Cerro Torre
Eistunnel am Cerro Torre

Wir waren ganz froh darüber, aus dem Sturm herauszukommen. Doch manchmal fand der Wind von unten in den Tunnel und die immerzu von oben in den Tunnel fallenden Eisstücke schwebten vor unseren Augen. Die Schwierigkeit hierbei war, dass der Eistunnel kaum 3 Fuß breit war und nicht genug Raum bot, um mit dem Eisgerät kräftig auszuholen.

Uwe Daniel - letzte Meter auf den Helm
Uwe Daniel – letzte Meter auf den Helm

Auf dem Helm angekommen bemerkten wir, dass sich Linsenwolken am Himmel formten. Unsere Wetterprognose versprach uns ein Fenster von zwei bis vielleicht drei Tagen – und die waren jetzt um! Wir wussten, dass uns nur noch wenige Stunden bis zum Abend bleiben würden – dann müssten wir umkehren.

Wir stiegen weiter in Richtung der 2. Schlüsselseillänge und in dem kombinierten Gelände zerrann uns die Zeit zwischen den Fingern. In der Dämmerung kehrten wir um und machten uns auf den Rückweg zum patagonischen Inlandeis. Doch weit kamen wir nicht. Das Wetter wurde zunehmend schlechter. Die Sichtbedingungen ließen es nicht zu, weiter abzuseilen und so biwakierten wir direkt unter dem „Helm“ und warteten auf den Morgen.

Sturm am Cerro Torre
Sturm am Cerro Torre

Am nächsten Morgen gelang uns die Orientierung und wir erreichten nach einem halben Tag den Circo de los Altares. An diesem Ort hat man bei gutem Wetter einen hervorragenden Blick über die Torre Gruppe. Bei uns aber regnete es – der Sturm hatte sich in der Nacht gelegt. Wir hatten einen langen Weg vor uns. Der Rückweg führt über den Marconi-Pass. Insgesammt eine Strecke von ca. 40 Kilometern.

Wir hatten keinen aktuellen Wetterbericht, wussten aber, dass der nächste Sturm nicht lange auf sich warten lassen würde. Nach weiteren eineinhalb Tagen und einem weiteren Biwak im Schnee erreichten wir endlich eine Hütte am Fuße des Fitz Roy und damit war unser Bergabenteuer für dieses Mal zu Ende.

Nach 5 Tagen und 4 Biwaks brauchten wir eine lange Zeit um wieder Lust zu bekommen unsere Bergschuhe anzuziehen. Den Traum vom Cerro Torre aber gaben wir nicht auf.