Archiv der Kategorie: Gleitschirmfliegen

„Nollen“ am Mönch

Am Gipfel des Mönch (4.107 Meter)
Am Gipfel des Mönchs (4.107 Meter)

Es ist früh am Morgen, die Dämmerung kriecht langsam über den Horizont und wir können immer besser sehen. Aber was wir sehen, gefällt uns nicht. Eine halbe Stunde zuvor hatten wir die schöne Guggihütte in Richtung Mönchsplateau verlassen. Was gut beginnt, wird mit jedem Schritt furchtbarer. Wir stehen in einer mit Schutt und weichem Schnee  gefüllten Rinne. Diese müssen wir hinauf zum Mönchsplateau. Es ist weder steil noch schwer, aber die Vorstellung, mit dem weichen Schnee und einer Ladung Geröll abzugehen, macht trotz des schönen Ambientes keine Freude. Der Gedanke umzukehren ist da, aber wir sind schon zu weit und hinauf geht sich die Rinne immer noch besser als runter.

Ab dem Mönchsplateau gibt es einen Abschnitt mit klassischem Hochtourencharakter. Danach steilt die Route zum Nordwestbollwerk – dem sogenannten Nollen – auf. Dieses Steilstück wird in ca. drei Seillängen erklettert. Wir haben die steilste Stelle bereits hinter uns gelassen, als wir einen Gleitschirmflieger bemerken, der vom Mönchsgipfel gestartet ist. Doch wir haben noch den Schlussanstieg vor uns. Ein richtiger „Wadenbrenner“, der uns nochmal ordentlich anstrengt. Am späteren Nachmittag erreichen wir den Gipfel und machen uns sogleich an den Abstieg über den Normalweg. Zu Beginn sind wir von der Ausgesetztheit des Grates überrascht. Keiner von uns beiden hatte sich ernsthaft mit dem Abstieg beschäftigt. Normalweg klingt ja auch nicht kompliziert… Ich muss wieder an den Gleitschirmflieger denken. Das wäre jetzt eine schöne Alternative, denn als wir später die Mönchsjochhütte erreichen, ist es lange schon dunkel.

Kurzinfo:

Gipfel:
Mönch (4.107 Meter)
Ausgangspunkt:
Schweiz Grindelwald. Guggihütte auf 2.791 Meter Höhe
Route:
„Nollen“ 1.300 Meter D- bis 70°

P.S.: Die Fotos aus der Vogelperspektive verdanke ich Benedicht Erb. Wer selbst einmal von einem richtigen Berg fliegen möchte, ist bei ihm genau richtig, da er Hike & Fly Tandemtouren anbietet. Das ist im Vergleich zur Tandemviertelstunde mit Lift ein spannendes Weihnachtsgeschenk für einen begeisterten Bergsteiger.

Paragleiten am Zlatnik

Blick zurück zum Startplatz des Zlatnik
Blick zurück zum Startplatz des Zlatnik

Entgegen unserem neuen Jahresmotto „auch mal Mittwochs arbeiten“ fuhren Jan und ich unter der Woche zum Gleitschirmfliegen ins böhmische Becken. Der Berg Zlatnik ist fünfhundertzerquetschte Höhenmeter hoch und biedert sich mit gleich zwei Startplätzen den dahergelaufenen Gleitschirmfliegern an. Zwischen Start- und Landeplatz gilt es ca 200 Höhenmeter zu vernichten. Durch anstehenden Wind aus der richtigen Richtung oder Thermik lässt sich die Flugzeit aber auf Stunden ausdehnen und entschädigt für den relativ langen Zustieg.

Feeling better

Sturzspiralen über dem Zillertal
Sturzspiralen über dem Zillertal

Ich habe einen Ohrwurm. Wie bei Ohrwürmern üblich lief dieses Lied den ganzen Tag in einer Endlosschleife durch meinen Kopf. Und so begleitete mich bei unserem letzten Ausflug ins Zillertal eben nicht nur der Gleitschirm sondern auch dieses Lied. Bei den ersten abendlichen Flügen über das Tal fiel mir auf, dass der Ohrwurm und das gemütliche Rumgefliege nicht so recht zusammenpassen. Die Baseline erinnert an Herzklopfen. Was tun? Herzklopfen muss her!

In einem sehr zu empfehlenden Artikel über das Steilspiralen sprach mich ein Satz besonders an:

Keinesfalls in dieser Phase die Innenbremse weiterziehen, der Schirm würde abgehen wie „Schmidt´s Katze“.

Da ich Katzen aber total niedlich finde, wollte ich unbedingt diese Katze kraulen. Und tatsächlich: die Beschleunigung ist enorm, Sinkwerte, die ich noch nie auf meinem Vario gesehen habe und? Genau. Herzklopfen!

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Für die Flieger unter uns: Der Schirm ist ein oller 1-2er Mac-Para Eden-2, geflogen mit einem Wendegurtzeug ohne Sitzbrett. Eine stabile Sturzspirale habe ich nicht hinbekommen. Der Schirm muss aktiv in der Sturzspirale gehalten werden, weil sich alles in ihm gegen diesen Zustand sträubt. Bereits das vollständige Freigeben der Kurvenaußenbremse führt zu 20%igem Schlagen des äußeren Ohres. Durch dieses Schlagen wird die Kurvenaußenseite abgebremst und der Flügel tendiert zum Aufrichten. Bremst man den Außenflügel jedoch selbst so stark an, das dass Schlagen des Ohres aufhört, leitet man damit die Sturzspirale aus und die Katze hat keinen Bock mehr auf Kraulen. Das System ging dann in eine Steilspirale mit der Tendenz zu einstelligen Sinkwerten zurück.

Disclaimer: Nicht nachmachen. Das hier lesen. Das Spiralen wird in einem Sicherheitstraining über Wasser erlernt. usw.

Paraalpin am Großvenediger

Panoramablick vom Großvenediger (3.657m)
Panoramablick vom Großvenediger (3.657m)

Ich schalte meine Stirnlampe auf die höchste Stufe. Schneegestöber, Nebel und Dunkelheit umgeben Stephan und mich. Stephan trabt ruhig hinter mir her und blickt stur auf die ins Halbseil geknoteten Bremsknoten. Es ist halb fünf und seit zwei Stunden sind wir auf den Beinen. Unterwegs zum Gipfel des Großvenedigers. Aber gerade jetzt habe ich die Spur verloren – die Spur, die den sicheren Weg über den Gletscher markiert. Der Wind ist soeben dabei, die letzten Reste dieser Spur zu verwehen. Wenn wir die Spur nicht halten können, müssen wir auf den Tagesanbruch warten. Eine Zeitverzögerung, die wir uns nicht leisten können. Nicht heute.

Gipfelgrad des Großvenediger
Gipfelgrat des Großvenediger

Wir haben Glück. Stets findet sich der homöopathische Rest einer Spur und so erreichen wir pünktlich zum Sonnenaufgang die Venedigerscharte. Das schlechte Wetter hat sich zusammen mit dem Morgengrauen verzogen und wir können ohne Sorge unsere Rucksäcke in der Scharte zurücklassen. Wir hetzen noch eine halbe Stunde zum Gipfelgrat, der tatsächlich aufmerksames Steigen erfordert. Handschlag. Zurück. Schnell! Aber warum der ganze Streß? Wir sind mit Abstand die Ersten am Gipfel und die Uhr zeigt 8 Uhr an. Bei solch strahlend blauem Himmel müsste man auch 16 Uhr noch nicht nervös werden. Heute aber ist alles anders. In unseren Rucksäcken, die wir in der Venedigerscharte zurückgelassen haben, warten unsere Gleitschirme darauf, verwendet zu werden. Die Windbedingungen sollten sich laut Wettervorhersage verändern – zum Schlechteren. Ein Start zur Mittagszeit sollte kaum noch möglich sein. Das Startfenster war nie weit geöffnet und ist dabei, sich zu schließen. Eile ist geboten.

Stephan in der Venedigerscharte - ideal zum Gleitschirmstart
Stephan in der Venedigerscharte – ideal zum Gleitschirmstart

Zurück bei unseren Rucksäcken beginnen wir sofort mit den Startvorbereitungen. Wir wählen eine geneigte Schneefläche in der Venedigerscharte mit nördlicher Ausrichtung als Startplatz. Schnell ist eine Startschneise in den verharschten Schnee getrampelt. Vier Füße breit und 15 Meter lang. Dass muss reichen den Schirm zu starten. Wir entscheiden, ohne Steigeisen zu starten, da das Verletzungsrisiko bei einem Startabbruch und bei der Landung zu hoch ist. Der Rest der Ausrüstung wird im Wendegurtzeug verstaut und die Startreihenfolge ausgeknobelt.

Start am Großvenediger
Start am Großvenediger

Ich wünsche mir den ersten Platz in der Reihe und Stephan nimmt den zweiten Platz. Stephan bleibt somit nach meinem Start alleine auf dem Gletscher zurück. Gelingt ihm anschließend der Start nicht, fehlt ihm der Seilpartner für einen sicheren Abstieg zu Fuß. Hier muss sich jeder seiner Sache sicher sein!

Seilschaft unterhalb der Großvenedigerscharte
Seilschaft unterhalb der Großvenedigerscharte

Im Schnee auf 3.400 Metern und ohne Aklimatisierung rennt es sich schlecht. Und wir müssen schnell rennen in der dünnen windstillen Luft. Mein Start glückt mir und schon nach wenigen Metern ziehe ich über eine aufsteigende Seilschaft hinweg welche erstaunt stehenbleibt. Nach und nach erkenne ich alle weiteren Seilschaften, die sich lindwurmgleich über den Gletscher nach oben schieben und alle innehalten. Für diese Seilschaften wird die Bergtour erst morgen zu Ende sein.

Gleitflug im Obersulzbachtal
Gleitflug im Obersulzbachtal

Zwei Stunden und einen beeindruckenden Flug später sitzen Stephan und ich in einer Gaststätte am Eingang des Obersulzbachtals und essen Mittag. Wo seids gewesn Buam? Fragt der Herr am Nachbartisch. Auf dem Großvenediger. Heute früh zum Sonnenaufgang. Er schaut ungläubig denn er weiss, dass das nicht geht.

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Kurzinfo:

Gipfel:
Großvenediger (3.657m)
Startplatz:
Venedigerscharte (3.405m) vergletschert
Aufstiegsroute:
Normalweg über Kürsinger Hütte
Landeplatz:
Wiesen im Obersulzbachtal (ca. 30 Minuten Abstieg zum Parkplatz)
Hinweis:
Anspruchsvolle Hochtour mit alpinen Gefahren. Erfahrung und gute Kondition notwendig.
HikeAndFly:
auf hikeandfly.info

Windenschleppen selbst gemacht

Gleitschirmfliegen

Mit einem Seil wird der Gleitschirm samt Pilot gegen den Wind nach oben gezogen Gleitschirmfliegen im Mittelgebirge ist oft schwierig. Zu wenig Wind, zu niedriger Hügel und eine weitere endlose Liste der unterschiedlichsten Gründe stehen oft einem guten Flugtag im Weg. Um so schöner, dass der Plan funktioniert hat: Zwei Handvoll Verwandte und ein 60 Meter Kletterseil vor den Gleitschirm gespannt, und schon ist man gute 40 Meter über dem Boden. Zugegeben: Die Zugmannschaft hällt das Gezerre und Gerenne nicht lange durch; aber zwischen den ganzen Köstlichkeiten der Weihnachtszeit ist es ein schöner Spaß. (Fotos: Ulf)

Fallt nicht runter! Allen ein frohes Fest.